Vipassana Rundschreiben

in der Tradition von Sayagyi U Ba Khin

DER GEBRAUCH VON RESSOURCEN

(Aus einem Vortrag von Webu Sayadaw)

Wenn ihr einem Mönch Kerzen schenkt, so gebt ihr sie ihm, damit er in der Nacht eine Lichtquelle hat. Wenn er die Kerzen aber am helllichten Tag anzündet, für jedermann sichtbar, so werdet ihr denken, dass dieser Mönch schamlos Dinge verschwendet. Ihr kennt das doch, oder? Es kommt oft vor. Sicher könnte man sagen, dass er mit seinem Besitz tun und lassen kann, wie es ihm beliebt, und das darf er auch. Doch wenn er die Sachen in sinnloser Weise gebraucht, verschwendet er sie.

Seht wie sich eine wohlhabende Frau zur Zeit des Buddha verhielt. Sie war eine außerordentlich reiche Frau. Da sie unter Migräne litt, ließ sie sich [vom Arzt] Jivaka behandeln. Der verlangte von ihr eine Unze Butter.

Er mischte die Arznei mit der Butter und wies die reiche Dame an, diese Mischung durch die Nase hochzuziehen. Nach der Prozedur flossen einige Tropfen Butter wieder heraus. Als sie spürte, wie die Butter aus der Nase rann, rief sie ihre Dienerinnen herbei. „He da, Mädchen, Mädchen, wischt die Butter mit einem Wattebausch auf“, befahl sie und diese gehorchten. Da war bloß dieser winzige Rest der mit Arznei vermischten Butter, aber diese Millionärsfrau ließ ihn aufheben, sie warf ihn nicht weg. Als der Arzt Jivaka das sah, dachte er bei sich: „Ich habe mir großes Wissen in der Heilkunst angeeignet, doch diese Dame wird mich nicht meiner Fähigkeiten entsprechend entlohnen.“

Nun, die Dame las Jivakas Gedanken und sagte zu ihm: „Sie haben mich geheilt. Ich weiß, dass ich Ihnen etwas schuldig bin. Ich bin mir dessen voll bewusst. Trotzdem wollte ich diese Butter nicht verschwenden, wie ich überhaupt nichts verschwenden will, was immer es sei. Die Butter, die ich mit einem Wattebausch aufwischen ließ, ist noch immer von Nutzen. Wie? Wenn sich Katzen und Hunde auf irgendeine Art verletzen, lassen sich die Wunden mit dieser Butter reinigen. Man kann die Wattebäusche auch als Lampendocht verwenden. Sie sehen, lieber Doktor, ich mag nichts wegwerfen, das noch irgendwie von Nutzen ist. Aber keine Sorge, ich weiß, dass ich ihnen zu Dank verpflichtet bin.“

Nun war Jivaka erleichtert. Die Dame, ihre Töchter und ihre Familie gaben ihm aus Dankbarkeit viel von ihrem Besitz. Sie schenkten ihm ganze Dörfer, Diener, Wagen, an nichts sollte ihm fehlen. All das erhielt er, weil er die Dame von ihrer Krankheit geheilt hatte.

Eines Tages ging König Pasenadi von Kosala zu Ananda, verneigte sich und fragte: „Ehrwürdiger Ananda, Samavati [des Königs Haupt­gemahlin] und ihre Begleiterinnen sagten mir, sie hätten Ihnen fünfhundert Mönchsgewänder als Almosen gegeben. Sie sind doch nur eine einzige Person. Was wollen Sie mit all diesen Roben tun?“

Ananda antwortete: „Ja, ich bin allein, doch habe ich diese Gewänder nicht mehr. Es gibt viele Mönche, deren Roben abgenutzt und zerfallen sind.“ - „Was geschah eigentlich mit den alten aufgetragenen Roben?“, wollte der König wissen. - „Die gebrauchten Roben sind natürlich noch immer da, doch weil sie in schlechtem Zustand waren, mussten die Mönche sie tauschen. Da die alten Gewänder nicht mehr getragen werden konnten, wurden sie als Bettlaken verwendet.“ - „Was aber geschah mit den alten Betttüchern?“ - „Daraus wurden Türvorlagen gewoben, an denen man die Füsse abwischt. Nichts wurde verschwendet.“

Doch als auch die Fußmatten zerfielen und nutzlos wurden, was tat man dann? Mit gläubigem Herzen müssen wir danach trachten, dass wir nichts den Lehren Anvertrautes verschwenden. Man sagt, dass die Fetzen der Fussmatten mit Lehm vermischt und zum Verputzen der Wände gebraucht wurden. Zu jenen Zeiten gab es keinen Mörtel und man musste die Wände auf diese Weise verputzen. Als Putz trug man eine Mischung aus Kuhmist und Lehm auf. Nur hielt diese Mischung nicht sehr lange; bald zeigten sich Risse und die Oberfläche bröckelte. Fügte man jedoch Robenfetzen hinzu, bildeten sich keine Risse mehr. Die Mönche mussten auf diese Weise bauen, damit die Gebäude länger hielten.

Nachdem Ananda dem König all dies erklärt hatte, war dieser sehr zufrieden. „Ihr zieht wirklich den größten Nutzen aus den Gaben der Gläubigen“, sagte er und spendete noch mehr.

Was ich euch erklärt habe, sind die Lehren des Buddha. Zum Nutzen der Lehren müssen wir bei jeder Gelegenheit darauf achten, dass nichts verschwendet wird. Dies gehört zu unserer Übung von Sittlichkeit, Sila.